Das Laborgebäude ALL bietet mehr

30.04.2025, SENN

Kraftwerk oben, Spitzenforschung unten

Das Büro- und Laborgebäude ALL erfüllt die Anforderungen von gleich drei Nachhaltigkeitslabels. Die PV-Anlage auf dem Dach könnte eine ganze Nachbarschaft ein Jahr lang mit Strom versorgen. Sandro Infanger, Nachhaltigkeitsverantwortlicher bei SENN, erzählt, wo die Herausforderungen bei der Erfüllung der Kriterien lagen.

ALL wird aktuell auf dem Switzerland Innovation Park Basel Area Main Campus in Allschwil gebaut. Der Name ALL steht für «Animus Labor Laetitia» und wird ab 2027 einen flexiblen Mix aus Büro- und Laborflächen auf über 20’000 Quadratmetern bieten. Entworfen wurde das Gebäude vom renommierten Architekturbüro Herzog & de Meuron.

ALL erfüllt die Bedingungen von gleich drei Nachhaltigkeitszertifikaten: SNBS-Platin, Minergie A und LEED Platinum. «Jedes dieser Zertifikate hat eigene Zielgrössen. Kombiniert gehen diese sehr weit», sagt Sandro Infanger, Nachhaltigkeitsverantwortlicher bei SENN.

SNBS-Platin ist bei SENN bei allen neuen Projekten gesetzt. «Aber das heisst nicht, dass es einfach zu erreichen ist. Die Vorgaben des Labels sind streng», sagt Infanger und fügt an: «Die Energieerzeugung und Gebäudetechnik sind wirklich imposant. Ich kenne keinen anderen Bau in der Schweiz, wo eine solche Anlage im Einsatz ist. Und auch die Verbrauchsseite ist optimiert. Dies ist nötig, um nach Minergie A zu zertifizieren. «Das ALL hat eine ausgeklügelte Isolation und die riesige Lüftungsanlage arbeitet effizient», sagt Sandro Infanger.

Kriterium Nachhaltigkeit für Ankermieter entscheidend

Das Energiezertifikat LEED Platinum (Leadership in Energy and Environmental Design) war für den Ankermieter des ALL, das Botnar Institute of Immune Engineering, zentral. «Das weltweit bekannte Zertifikat ist für eine international tätige Organisation wichtig», so Infanger. Das Institut wird im ALL immunologische Systeme erforschen und translationale Lösungen entwickeln für die Diagnose, Behandlung und Prävention von Krankheiten bei unterprivilegierten Kindern und Jugendlichen. Die Nachhaltigkeit des ALL war eines der entscheidenden Kriterien für die Standortwahl. (Siehe dazu Interview mit CEO Stephen Wilson)

Das Herzstück des ALL ist die mächtige PV-Anlage. Diese erzeugt beeindruckende 1.3 Millionen Kilowattstunden Energie pro Jahr. Das entspricht der Versorgung von ca. 325 Einfamilienhäusern. «Es handelt sich um eine Standard-PV-Anlage auf dem Dach und an den Fassaden. Durch diese Konstruktionsweise können die Kosten tief gehalten werden im Gegensatz zur integrierten PV-Anlage beim HORTUS. Ich bin gespannt, wie diese auf dem Gebäude wirken wird. Ich bin stolz, dass wir Herzog & de Meuron für diese Lösung mit an Bord holen konnten, denn sie achten gleichzeitig auch sehr auf ästhetische Details», so Nachhaltigkeitsspezialist Infanger.

© Nightnurse Images AG

Lernen und neu erfinden

Die Learnings aus dem radikal nachhaltigen Gebäude HORTUS seien bei der Planung des ALL eingeflossen, sagt Infanger. Doch das ALL sei ein komplett anders gelagerter Fall. «Beim HORTUS haben wir sehr auf die Materialisierung geachtet. Beim ALL haben wir dies ebenfalls getan, aber nicht in diesem Ausmass. Denn ein Laborgebäude muss strenge Vorschriften erfüllen, etwa an die Sicherheit und Tragfähigkeit der Decken oder Schwingungsanforderungen. Ausserdem bewegen wir uns hier in anderen Grössendimensionen.»

Trotzdem gibt es beim ALL bei der Materialisierung Zugeständnisse an die Nachhaltigkeit. Schon eine Holzfassade sei bei einem Bau dieser Grösse nicht selbstverständlich, meint Infanger. Und die Betonzusammensetzung ist optimiert. Dem Beton wir rezykliertes Material beigemischt, um CO2 zu sparen.

Verkaufsargument Nachhaltigkeit?

Die Gretchenfrage, die der Markt zu nachhaltigen Gebäuden stellt, ist die nach den Kosten. Noch ist nachhaltig Bauen zum gleichen Preis wie bei einem herkömmlichen Gebäude schwierig. Dennoch ist es attraktiv, wie Infanger erklärt: «Unternehmen können ihren CO2-Absenkungspfad verbessern, wenn sie ihren Standort in einem solchen Gebäude haben. Das ist ein wichtiges Verkaufsargument. Gerade Grosskonzerne achten darauf. Darum denke ich, dass die Nachfrage nach nachhaltigem Gewerberaum steigen wird und sich Zertifizierungen darum vermehrt lohnen», ist er überzeugt.

Die Investorenumfrage, welche die Immobilienberatung Wüest Partner 2022 in unserem Auftrag durchgeführt hat, bestätigt dies. Fast die Hälfte der befragten institutionellen Immobilieninvestoren gaben dort an, dass sie bereit sind, mehr für ein Gebäude zu bezahlen, wenn es sehr tiefe Treibhausgasemissionen im Betrieb hat (gemäss SIA-Effizienzpfad). Fast 40 Prozent wären bereit, mehr für ein Gebäude nach Minergie-A auszugeben.

Gleichzeitig muss nachhaltiges Bauen aber auch günstiger werden. Das geht, indem Nachhaltigkeit von Anfang an mitgedacht wird. Denn im Nachhinein zu optimieren, ist teurer. Zudem braucht es standardisierte Prozesse für nachhaltiges Bauen. Skalierungseffekte werden das ökologische Bauen künftig einfacher und günstiger machen.

Hier können Sie das Factsheet inkl. dem Faktencheck vom ALL herunterladen: Download Factsheet inkl. Faktencheck

Mehr dazu, was das Botnar Institute of Immune Engineering (BIIE) im ALL vorhat, lesen Sie hier:

Interview zum Standort ALL

Interview zur Forschung des BIIE