Kreislaufbauen II – Kreislaufbauen in der Praxis

HORTUS: Leuchtturmprojekt des Kreislaufbauens

Kreislaufbauen wird aktuell viel diskutiert, doch noch gibt es kaum entsprechende Projekte. Mit dem bald beginnenden Bau des HORTUS auf dem BaseLink Areal in Allschwil soll sich das ändern. Jedes Bauteil des Bürogebäudes hat eine eingeschriebene Zukunft und Anleitung zur Weiterverwendung. Mehr noch wird die Erstellungsenergie konsequent minimiert und innerhalb einer Generation zurückgezahlt.

Damit das HORTUS ab dem Frühling 2023 von der Utopie zur Realität wird, haben SENN, Herzog & de Meuron und ZPF Ingenieure nichts dem Zufall überlassen. Wie der volle Name des HORTUS – House of Research, Technology, Utopia and Sustainability – zum Ausdruck bringt, bedurfte es zur Entwicklung dieses Projekts eine minutiöse Herangehensweise. Dazu gehören eine akribische Recherche, der Einsatz modernster Technologien sowie der Einbezug von führenden Expertinnen und Experten auf ihrem Gebiet. Nur so kann das HORTUS den Anforderungen des Kreislaufbauens und den hoch gesteckten Nachhaltigkeitszielen gerecht werden.

Second und Third Life der Bauteile

Das sogenannte Full Circle Design des HORTUS sorgt dafür, dass kein Bauteil verschwendet wird. Mit anderen Worten sollen möglichst alle Bauteile das Gebäude überdauern und ein potenzielles Second oder gar Third Life haben. Das bedingt eine ausgeklügelte Nutzung der Rohstoffe – sei es, indem sie geteilt, wiederverwertet, repariert oder weideraufbereitet werden. Beispiele dafür sind der Einsatz von rückführbarem Stampflehm in den Decken und Brüstungen oder Altpapier, das zur Dämmung verwendet wird. Werden dennoch Baumaterialien wie Stahl für die Fluchttreppen verwendet, so sind auch diese zu 100% wiederverwendbar.

Die Wichtigkeit des Materialmixes

Der Materialmix ist nicht nur im Sinne der Weiterverwendung, sondern auch hinsichtlich des Ziels der Energiepositivität essenziell. Eine der Grundvoraussetzungen ist es, die gesamte verbaute Energie mit dem Einsatz von Materialien wie Holz, Lehm und Altpapier möglichst geringzuhalten. Eine bedeutende Massnahme, um die Erstellungsenergie zu minimieren, ist der Verzicht auf eine Unterkellerung des Gebäudes. Eine weitere wichtige Entscheidung: die Verwendung von Doppel- anstatt Dreifachverglasung – das erlaubt es, 30 Prozent Material und Erstellungsenergie bei den Fernstern einzusparen.

Ausgeklügeltes Deckensystem

Auch die Auswahl der Decken war hinsichtlich Minimierung der grauen Energie zentral. Flachdecken aus Beton sind zwar (noch) am billigsten, haben aber eine miserable Ökobilanz. Gefragt war eine Lösung, die aus lokalen und nachhaltigen Bauteilen wie Holz und Lehm besteht. Zusammen mit dem Österreicher Martin Rauch, einem der führenden Experten für Lehmbau, wurde in einem aufwändigen Verfahren ein entsprechendes System entwickelt. Das Resultat ist eine Holzbalkendecke mit eingestampftem Lehm, die auf einem reinem Stecksystem japanischer Bauweise beruht. Dank ihres modularen Aufbaus ist sie transportierbar und wird somit auch ein Second Life haben.

Maximale Energieernte

Um das hoch gesteckte Ziel der Rückzahlung der Erstellungsenergie innerhalb einer Generation zu erreichen, muss das Gebäude eine maximale Energieernte generieren. Beim HORTUS kommt zu diesem Zweck eine Photovoltaikanlage von ca. 5’000 m2 zum Einsatz. Auf dem Walmdach und an der Fassade, wo möglich bis zum untersten Geschoss, ist das Gebäude mit Solarpanels bestückt. Damit wird die Energieernte maximiert, was in einer Überproduktion von ca. 30KWh pro Jahr resultiert. In der Summe führt das nach 31 Jahren zur Energiepositivität des HORTUS.

Nachhaltigkeit auch auf allen Ebenen

Nachhaltigkeit bezieht beim HORTUS nicht nur Material und Ökologie, sondern auch die Menschen und Natur mit ein. Johannes Eisenhut, Geschäftsführer der Senn Development AG bringt dieses holistische Prinzip auf den Punkt: «Das HORTUS wird eine Quelle von Energie – sowohl kreativer als auch faktischer Solar-Energie. Es hat eine Haltung, die Tech und Natur verbindet, Wissenschaft und Utopie anregt und Nachhaltigkeit sowohl ökologisch als auch menschlich und sozial vorlebt.» Das äussert sich exemplarisch im begrünten Innenhof des HORTUS, für den ein Biodiversitätskonzept entwickelt wurde. Mit seinem Wassergarten und der von dort ausgehenden vertikalen Begrünung bietet dieser den Nutzer:innen vielfältige Ein- und Ausblicke sowie Orte für den Austausch und zum Verweilen. Auch das Erdgeschoss wird geteilt und ist mit voll ausgestatteten Sitzungszimmern und Besprechungskojen sowie einer Cafeteria, deren Bar den Empfang ersetzt, auf Begegnung und Co-Working ausgelegt.

Mehr über das HORTUS erfahren

 

Weiterführende Links:

Welche Zukunft hat Kreislaufbauen? – Eine ehemalige Bauteiljägerin erzählt.

hortus.ch