Auf Mission für die Gesundheit von unterprivilegierten Kindern und Jugendlichen
Das Botnar Institute of Immune Engineering (BIIE) konzentriert sich auf die Erforschung immunologischer Systeme und entwickelt translationale Lösungen für die Diagnose, Behandlung und Prävention von Krankheiten bei unterprivilegierten Kindern und Jugendlichen durch die Nutzung von Immun-Engineering. Ab 2027 wird das nachhaltige Labor- und Bürogebäude ALL Standort des Instituts.
Im zweiten Teil des Interviews erzählt uns Stephen Wilson, CEO des BIIE, welche Mission das neu gegründete Institut verfolgt und wie die Gesundheit junger Menschen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen verbessert werden soll.
Was verbindet das La Jolla Institute, wo Sie über 20 Jahre lang tätig waren, und das Botnar Institute of Immune Engineering (BIIE) und welches sind die grössten Unterschiede?
An beiden Instituten sind Spezialisten im Bereich der Immunologie tätig. La Jolla verfügt über ein jährliches Betriebsbudget von rund 80 Mio. USD, das dem des BIIE ähnlich ist, hat aber fast doppelt so viele Mitarbeitende. Insofern handelt es sich bei beiden um mittelgrosse, nicht gewinnorientierte, unabhängige Forschungsinstitute. Während La Jolla seine Stärken in der Aufdeckung der Mechanismen hat, nach denen das Immunsystem funktioniert, konzentriert sich das Botnar Institute auf die Umsetzung und Entwicklung klinischer Lösungen. Am BIIE besteht die oberste Priorität darin, immunbasierte Instrumente so weit zu entwickeln, dass sie im Gesundheitswesen eingesetzt werden können.
Inwieweit stellt die Gründung des BIIE eine Chance für das Fachgebiet der Immunologie dar?
Viele der Fortschritte in der Immuntechnologie kommen bestimmten Behandlungsgruppen mehr zugute als anderen. In der Regel sind dies Erwachsene aus wohlhabenden westlichen Ländern. In einigen Jahren wollen wir einen Wandel herbeiführen, so dass immunologische Diagnostika und Therapeutika auch Kindern zugutekommen und weltweit zur Verfügung stehen. Vor allem dort, wo die Technologie oder die finanziellen Mittel fehlen, die in Ländern mit hohem Einkommen verfügbar sind. Kinder haben noch kein ausgereiftes Immunsystem und reagieren ganz anders als Erwachsene auf Medikamente. Zudem wird das Immunsystem von Kindern auch davon beeinflusst, wo sie sich auf der Welt befinden. Unser Projekt ist ehrgeizig, aber da es kritische Unterschiede bei Kindern ausserhalb der westlichen Volkswirtschaften untersuchen wird, ist es auch eine grosse Chance, Wissenschaft und Gesellschaft positiv zu beeinflussen.
Wie sehen Ihr Plan und Ihre Strategie für den Aufbau des BIIE aus?
Wir wollen das Institut mit einer Kerngruppe von hochqualifizierten Forschenden aufbauen, die in jedem Programmbereich über Fachwissen verfügen. In den nächsten Jahren werden wir daher Gruppenleiter:innen vom Typ «Senior Faculty» anwerben. Unser Ziel ist es, bis Ende 2026 mindestens fünf geeignete Personen einzustellen. Im gleichen Zeitraum möchten wir drei oder vier weitere Gruppen in der Warteschleife haben. Wenn unser Gebäude 2027 eröffnet wird, werden alle Forschungsteams in die zentralen Einrichtungen umziehen können. Bis 2030 möchten wir zwischen 12 und 15 Gruppen mit insgesamt etwa 200 bis 250 Mitarbeitenden haben. Die maximale Grösse, die wir uns vorstellen, liegt bei etwa 300, da dies eine ausreichende kritische Masse darstellt, ohne dass wir organisatorische Abteilungen in unserem Forschungsprogramm benötigen. Da Immuntechniker selbst bei dieser bescheidenen Grösse selten sind, werden wir bis dahin wahrscheinlich die grösste Konzentration solcher Spezialist:innen in der Welt haben.
Angesichts der Tatsache, dass die Ergebnisse des BIIE-Programms in erster Linie der Gesundheit junger Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zugutekommen sollen, welche Krankheiten werden in der ersten Phase im Mittelpunkt des Instituts stehen?
Wir werden untersuchen, wie die Gesundheit unserer vorrangigen Bevölkerungsgruppe – Kinder in den Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen – verbessert werden kann. Dabei werden wir uns nicht auf bestimmte Krankheiten konzentrieren. Stattdessen halten wir die folgende Strategie für fruchtbarer: Was sind die derzeitigen Hindernisse für die Einführung von immunologischen Therapien und Diagnostika für Kinder in diesen Ländern? Zum einen werden sie häufig von wichtigen klinischen Studien ausgeschlossen, so dass die Medikamente, die sie erhalten, nicht speziell für sie entwickelt wurden. Zum anderen gehen Krankheitsindikationen oder die Verteilung von Therapeutika an diesen Bevölkerungs-gruppen vorbei, weil sie in einer Region leben, in der es keine wirtschaftlichen oder kommerziellen Anreize gibt. Wir werden mit Gesundheitsexperten in diesen Ländern zusammenarbeiten, um herauszufinden, was in ihrem Krankenhaussystem oder in ihrem Behandlungsbereich fehlt: ist es die Diagnostik, ist es eine verbesserte Form der Impfung, ist es ein präventiver Ansatz? Von dort aus können wir unsere Spitzentechnologie auf diese Bevölkerungsgruppen anwenden.
Können Sie uns sagen, wie die Zusammenarbeit zwischen dem BIIE, der Universität Oxford und der ETH aussehen wird?
Der wichtigste Punkt ist, dass sowohl die Universität Oxford als auch die ETH über Programme mit umfangreichen Ressourcen verfügen, die wir intern nicht ohne weiteres replizieren können. Die Universitäten wiederum profitieren davon, dass sie durch unsere Partnerschaften einen vereinfachten Zugang zu führenden Immun-Ingenieur:innen haben. Wir beabsichtigen auch, Ausbildungs- und Mentorenprogramme anzubieten, so dass Student:innen und Postdoktorand:innen, die einen Abschluss anstreben oder ihre Ausbildung fortsetzen wollen, im Universitätssystem beginnen und dann am BIIE arbeiten können, auch wenn sie ihren Studiengang abschliessen. Schliesslich sind sowohl die ETH als auch Oxford ausgezeichnete Partner, die jeweils mehrere spezifische Vorteile mitbringen: Oxford verfügt über ein globales Netzwerk an klinischer Forschungsinfrastruktur und hat Zugang zu Einrichtungen für Versuche und Studien am Menschen. Die ETH hat ein erstaunliches Programm für biologisches Ingenieurwesen – Entwicklung, Materialien, Systeme, Computer usw. – sie verfügt über eine unglaubliche Infrastruktur und einen Lehrkörper hier in Basel, der dem BIIE eine Vielzahl von Vorteilen bietet.
Gibt es eine gewisse wissenschaftliche Nähe zum Schweizerischen Tropeninstitut und könnte es einen gegenseitigen Nutzen geben?
Die Leitung des Schweizerischen Tropeninstituts (STPH) hat die Entwicklung des BIIE bereits sehr unterstützt, wofür wir ihr sehr dankbar sind. Die Tatsache, dass sich das BIIE und das STPH auf demselben Campus befinden, wird eine enge Zusammenarbeit erleichtern. Das kommt beiden zugute, da die technischen und infrastrukturellen Stärken des jeweils anderen genutzt werden können. Wir stellen uns viele Kooperationen zwischen unserer Fakultät und der des STPH vor, insbesondere auf dem Gebiet der Behandlung und Prävention von Infektionskrankheiten. Darüber hinaus hat das STPH auch eine globale Mission und Stärken in klinischen Studien weit über die Schweiz hinaus; auf diese Weise kann es ein enger Partner in Basel und auf der ganzen Welt sein.
Hier lesen Sie den ersten Teil des Interviews mit Stephen Wilson über die Standortwahl des BIIE.