Den typischen "Noerd" gibt es nicht
Das Noerd hat viele Gesichter. Im Gewerbehaus in Neu-Oerlikon am Rand von Zürich arbeiten etwa Produzenten, Designerinnen, Metallbauer und Informatikerinnen. Das Gebäude feiert dieses Jahr sein 10-jähriges Jubiläum, Zeit für einen Besuch.
Die beiden treibenden Kräfte hinter dem Bau des Noerd waren Freitag und Aroma. Beide Unternehmen mussten aus ihren bisherigen Produktionsstätten ausziehen und suchten neue. Schnell war klar, dass die Firmen für bestehende Fabrikhallen zu gross waren. Also musste ein Neubau her.
«Wir haben zunächst gedacht, wer will schon ein Gewerbehaus finanzieren», sagt Freitag-Gründer Markus Freitag. Der beauftragen Firma Wüest Partner sei dann die Firma SENN eingefallen, der ein solch ungewöhnliches Projekt zugetraut wurde. Und tatsächlich kam SENN mit an Bord. Freitag und Aroma deckten 70 Prozent der Mietfläche ab, das waren gute Voraussetzungen. Auch die restlichen 30 Prozent waren schnell vergeben. «Markus und ich waren bei der Suche aktiv, denn wir wollten gute Leute ins Haus holen», erinnert sich Aroma-Gründer Lukas Meier.
Noerd-Kultur (er)schaffen
Das Timing war beim Bau die grösste Herausforderung. Nur zwei Jahre dauerte es vom Landkauf bis zum Einzug. 2011 ging das Noerd in Betrieb. Über 25 Mieter und damit gut 300 Kreative arbeiten seither unter einem gemeinsamen Dach. Die Tätigkeiten der Firmen reichen von Metallbau, über Marketing, Design, Kommunikation, Softwarelösungen bis hin zu Fernsehproduktionen. «Die Ankermieter waren eine gute Basis für die Kultur des Hauses», so Markus. Aber die Marke Noerd aufzubauen und zu pflegen sei bei so vielen Leuten mit ganz unterschiedlichen Hintergründen sehr arbeits- und zeitintensiv.
Eine wichtige Rolle für die Community spielt die Kantine. Hier kommen die Mitarbeitenden der verschiedenen Unternehmen zusammen. Von Anfang an sei klar gewesen, dass es im Haus einen eigenen Gastrobetrieb brauche. Freitag und Aroma betreiben die Kantine über eine gemeinsame Firma. «Gastro ist weder einfach noch unbedingt profitabel. Trotzdem lohnt es sich, denn essen verbindet», sagt Lukas.
Zur Kantine gehört auch ein Dachgarten. In der Kieslandschaft treffen die Mitarbeitenden der verschiedenen Unternehmer aufeinander. «Das haben wir dem Umstand zu verdanken, dass hier auf dem Areal zwei geschützte Sumpfpflanzen wuchsen», so der Aroma-Gründer. So sei die Idee für ein begrüntes Dach entstanden, um einen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu erhalten.
Die nächsten Jahre in Neu-Oerlikon
Bei der Verankerung im Quartier spielt der Gastrobetrieb ebenfalls eine wichtige Rolle, denn die Noerd-Kantine ist öffentlich zugänglich. Sie sei im Quartier aber ein Geheimtipp geblieben, meint Markus. Das liege wohl auch daran, dass die Architektur gegen innen sehr offen, gegen aussen aber abgeschlossen sei. Weit herum bekannt ist dafür das Sommerfest, das im Noerd alle 2-3 Jahre durchgeführt wird. Etwa 6’000 Leute zieht es an. Das nächste ist 2022 geplant – ein verspätetes Jubiläumsfest.
Und was erwartet das Noerd sonst? Freitag und Aroma haben 2011 einen Mietvertrag für 10 Jahre unterschrieben. Diesen haben sie soeben um 5 Jahre verlängert. «Da nun klar ist, dass wir bleiben, werden wir den Innenausbau an unsere aktuellen Bedürfnisse anpassen», meint Markus und Lukas ergänzt: «Ich wünsche mir, dass die Verwaltung nun endlich Solarzellen auf dem Dach installiert. Die Fläche bietet sich geradezu an und das Thema ist so aktuell wie nie. Nachhaltigkeit passt zu unserer Community.» Eine klare Ansage für die Zukunft.