Trend Smart Building

Was es braucht, damit Gebäude nachhaltig intelligent werden

Nicht nur Text- oder Bildprogramme werden intelligenter, sondern auch Gebäude. Eine ausgeklügelte Sensorik generiert eine Vielzahl von Daten, die es zu bündeln und analysieren gilt. Gebäudeeigentümer:innen und Nutzer:innen fordern eine bessere Zugänglichkeit und Verständlichkeit dieser Daten, um die Effizienz ihrer Gebäude zu maximieren und die Nutzungskosten zu senken. Regulierungsbehörden wiederum verlangen mehr Transparenz, um sicherzustellen, dass Gebäude nachhaltiger und energieeffizienter werden. Sandro Infanger, Projektleiter Nachhaltigkeit bei SENN, erklärt im Gespräch, wo aktuell die grössten Herausforderungen im Bereich von Smart Buildings zu verorten sind.

Sandro Infanger, was braucht es, damit ein Gebäude als smart bezeichnet werden kann?

In erster Linie benötigt ein Gebäude dafür Konnektivität, soll heissen ein funktionierendes Netzwerk. Dazu gehören eine saubere Verkabelung, eine entsprechende Netzwerkinfrastruktur, eine umfassende Sensorik sowie die Automatisierung der Gebäudetechnik. In einem weiteren Schritt muss die Visualisierung aller Messwerte gewährleistet sein, wofür eine entsprechende Plattform benötigt wird. Eine damit einhergehende Herausforderung ist es, dort alle Sensoren hinlänglich zu integrieren.

Funktioniert ein intelligentes Gebäude ganz ohne Menschen?

Leider nein, denn es braucht auch eine Person, die all diese Daten überwacht und analysiert. Dafür eignen sich entweder Datenanalyst:innen oder Programmier:innen mit einer Spezialisierung in Gebäudetechnik oder Gebäudetechnikspezialist:innen mit einer Affinität für Datenanalyse. Ein aktuelles Beispiel: beim derzeit entstehenden Bürogebäude HORTUS beabsichtigen wir, ca. 400 Sensoren in der Decke zu verbauen, die Temperatur, Feuchtigkeit, Schall, VOC, CO2, Lux usw. messen können. Um sicherzustellen, dass das Gebäude den hohen Nachhaltigkeitsanforderungen genügt, sind wir dafür zwingend auf Datenanalyst:innen angewiesen.

Welches sind die Vorteile eines Smart Buildings?

Die Vorteile liegen bei der Steigerung der Energieeffizienz und der damit verbundene gleichzeitigen Nachhaltigkeit sowie den daraus resultierenden Kosteneinsparungen. Ein funktionierendes Smart Building trägt auch zu einer Verbesserung des Komforts bei, zum Beispiel durch frühzeitiges Eingreifen in die Temperatur- und Feuchtigkeitsregulation. Ungenutzte Sitzungszimmer etwa müssen nicht permanent geheizt oder gekühlt werden. Als weiterer Vorteil sind Sicherheitsaspekte zu nennen, die wesentlich optimiert werden können.

Kannst du ungefähr beziffern, wie viel damit eingespart werden können?

Mit einer intelligenten und präzise gesteuerten Gebäudetechnik können schätzungsweise zwischen 20 – 30% Energie und Kosten eingespart werden. Bei neuen Gebäuden ist dieser Wert tendenziell etwas tiefer. Bei unseren SENN-Büros in St. Gallen haben wir kürzlich eine Einsparung von rund 25% erreicht und es liegt sogar noch mehr drin.

Inwiefern können bei der Digitalisierung und Automatisierung von Gebäuden Datensicherheit und Datenschutz gewährleistet werden?

Einerseits, indem möglichst alle Daten verschlüsselt und anonymisiert werden. Andererseits sind auch die Gewährung der Zugriffsrechte sowie die Netzwerksicherheit zentral, damit aufseiten IT ein wirksamer Schutz gewährleistet werden kann. Bei uns sind beispielsweise nur die direkt zuständigen Personen berechtigt, Datenanalysen vorzunehmen.

Umgekehrt braucht es dennoch Datentransparenz, wieso?

Datentransparenz ist eine Voraussetzung für die erwähnte Visualisierung, was in einem Gebäude läuft und welche Bedingungen vorherrschen. Das hilft zum Beispiel auch Laien, ein Gespür dafür zu haben, wo wie viel Energie verbraucht wird.

Aktuell ist KI oder maschinelles Lernen in aller Munde – kann diese Technologie auch auf Smart Buildings angewendet werden?

Diese Technologien kommen bei Smart Buildings bereits seit einer Weile zum Einsatz. Energie-management ist nichts anders als ein auf Algorithmen basierender Vorgang. Wenn beispielsweise der Solarertrag einer Photovoltaikanlage aufgezeichnet wird, kommen solche Mechanismen zur Anwendung. Gleiches gilt für die Gebäudeautomatisierung. Algorithmen helfen bei all diesen Prozessen enorm und sind im Prinzip die Grundlage dafür. Gleichwohl braucht es derzeit noch Spezialist:innen, die das steuern und entsprechende Parameter manuell einstellen.

Lohnt es sich, ältere Gebäude smart zu machen und welcher Aufwand ist dafür erforderlich?

Das lohnt sich auf jeden Fall, denn bei älteren Gebäuden kann man vieles optimieren, auch wenn die Erschliessung nicht immer ganz einfach ist. Grosses Potenzial besteht hinsichtlich Energieeffizienz, Komfort sowie entsprechenden Kosteneinsparungen, die realisiert werden können. Mit der Strom-knappheit und -verteuerung hat diese Entwicklung zusätzlich Fahrt aufgenommen.

Zu guter Letzt, welches sind die grössten Widerstände auf dem Weg zu einer raschen Zunahme von intelligenten Gebäuden?

Vielfach sind noch kritische Stimmen bezüglich Sicherheit oder Ängste hinsichtlich totaler Überwachung zu hören. Auch die Kosten sowie die Komplexität durch die zunehmende Digitalisierung sind gewisse Hürden. Eine Zertifizierung wie zum Beispiel der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) verlangt ein Energiemonitoring. Dieses sorgt für eine Kontrolle der berechneten Werte und führt so zu mehr Transparenz.

 

Mehr zum oben erwähnten HORTUS finden Sie hier: https://hortus.ch/