Es geht nicht mehr ohne Konnektivität
Ein Portfoliomanager einer Bank prüft tagesaktuell seine Kennzahlen und reagiert entsprechend. In der Baubranche jedoch wird den Daten noch immer zu wenig Bedeutung beigemessen. Dabei könnte sie durch mehr Automatisierung und Konnektivität effizienter, günstiger und nachhaltiger werden.
13.06.2022, Bruno Ruch
Die Baubranche steht vor grossen Herausforderungen: die Verdichtung von Städten, Kostendruck und die Optimierung von Lieferketten verlangen nach neuen Lösungen. Bauherren, Bauentwickler:innen, Planer:innen, Unternehmer:innen, Hersteller:innen und Betreiber:innen haben erkannt, dass die Automatisierung dabei essenziell ist und investieren aktuell darin. Oft sind es aber Teillösungen. So wird zwar ein einzelner Prozess besser und innerbetrieblich entsteht ein Gewinn. Das einzelne System steht aber nicht im Zusammenhang mit dem Gesamtprozess und verliert dadurch an Wirkung.
Insbesondere bei Grossprojekten stossen vereinzelte Planungs- und Ausführungsmethoden vermehrt an ihre Grenzen. Das Potenzial steckt in der Wertschöpfungskette Planen, Bauen und Bewirtschaften. Eine aktive Zusammenarbeit und Kommunikation sind der Schlüssel zu mehr Effizienz. Sei es eine Abmachung von Mensch zu Mensch oder eine Schnittstelle eines Programms zu einem anderen.
Integrierte Zusammenarbeit für mehr Effizienz
Prof. Dr. Martin Fischer, Direktor CIFE (Center for Integrated Facility Engineering) an der Stanford Universität, beschreibt in seinem Buch «Integrating Project Delivery» (IPD), ein Modell der Integrierten Zusammenarbeit. Ein revolutionärer Ansatz für Planungs- und Bauprojektabwicklung. Arbeiten heute Architekten, Planerinnen oder Unternehmen in ihren isolierten Prozessen, stellt das IPD Framework das Ganze in einen grösseren Zusammenhang und erzielt dadurch einen enormen Mehrwert. Die Methode fördert die Transparenz, beschleunigt die Prozesse und senkt gleichzeitig die Kosten.
Mit dem digitalen Zwilling in Echtzeit simulieren
Eine wichtige Rolle bei der Konnektivität spielt das Konzept des digitalen Zwillings. Das BIM-Modell (Building Information Modeling) bildet dazu die Basis. Der digitale Zwilling ist ein Abbild der Realität, der in allen Phasen des Projekts Daten über den aktuellen Betriebszustand liefert. Ausgehend von den im Projekt gesteckten Zielen machen multiple Datenquellen den digitalen Zwilling aus. So können statische Daten wie Flächen und Materialien oder Sensordaten wie Temperatur, Druck, Zug, Vibration und Reibung von grosser Bedeutung sein.
Zum Beispiel könnte ein neuer Filter bei einer Klimaanlage vollautomatisch bestellt und angeliefert werden. Dazu ermittelt eine Differenzdruckmessung vor und nach dem Filter die maximale Filterbelastung. Ist diese erreicht, wird automatisch ein Filter nachbestellt. Auf diese Weise werden immer mehr Prozesse automatisiert, Probleme vorausschauend erkannt und so zeitig gelöst.
Fazit: Agieren statt reagieren lohnt sich
In der weltweiten Studie «Accelerating Digital Transformation Through BIM» des Dodge Construction Network gaben 59 Prozent der Architekt:innen und Ingenieur:innen an, dass sie bei der Nutzung von integrierten digitalen Modellen einen Return on Investment von 25 Prozent und mehr sehen. Und laut einer Studie der UNO-Klimakonferenz werden durch die Anwendung von BIM im Lebenszyklus eines Gebäudes 35 Prozent weniger Ressourcen verbraucht. In die Konnektivität zu investieren, lohnt sich also auf vielen Ebenen.
Wie sehr würde sich die Arbeit einer Projektmanagerin oder eines Projektmanagers verändern, wenn sie oder er täglich – wie ein Börsenbericht – alle Entscheidungsgrundlagen auf dem Silbertablett serviert bekäme? Anstelle sich einen halben Tag oder mehr darum kümmern zu müssen, alle relevanten Informationen zusammenzutragen und einzufordern, könnten sofort die richtigen Weichen gestellt werden.